Ein kleiner Einblick in die Geschichte


Funktionalismus

Stuhl, Miniaturstuhl, Miniaturchair, Innendesign
Bild aus der Zeitschrift: Kunstforum Band 113, 1991, Ausstellungen: München, S. 376

Der Begriff „Funktionalismus“ bezeichnet eine Gestaltungsphilosophie, die besagt, dass die „Form der Funktion folgt“. Basierend auf diesem Grundsatz formulierte der amerikanische Architekt Louis Sullivan, Ende des 19. Jahrhunderts eine funktionalistische Architekturtheorie. Diese Formel besagt, dass sich die Form allein aus den jeweiligen funktionalen Anforderungen ergebe, die an ein Gebäude, einen Raum oder einen Gegenstand des alltäglichen Gebrauchs gestellt werden. Verfechter dieser Idee glaubten an die technische Machbarkeit, hatten Vertrauen in die Wissenschaft und waren zudem davon überzeugt, dass mit Verstand und Logik alle Probleme des modernen Zeitalters lösbar wären. Zweck und Nutzen ihrer Arbeit und die Suche nach der „reinen Form“ stand stets im Vordergrund. Somit ist es nachvollziehbar, dass jeglicher formaler Aufwand, der nicht funktional begründbar war, als illegitim und überflüssig betrachtet wurde. Im weiteren Verlauf der Baugeschichte versteht man unter Funktionalismus vor allem die weitgehende Verdrängung eines dem Bauwerk nur applizierten Dekors zugunsten eines Entwurfs, der durch die Kubatur der Bauteile und deren Komposition und Gestaltung zum Ausdruck bringt, was innerhalb des Bauwerks vor sich geht. Die Ablesbarkeit der Funktionen gibt der Architektur den Namen. Mit seiner Schrift „Ornament und Verbrechen“, aus dem Jahr 1908 leitet Adolf Loos die Ablehnung des Ornaments ein, das Sullivan noch ganz Selbstverständlich fand. Jedoch schon 1852 formuliert Gottfried Semper in seiner Denkschrift „Wissenschaft, Industrie und Kunst“ Bedenken, die er bei der späteren Londoner Weltausstellung zum Ausdruck bringt. Dabei kritisiert er die nachträgliche „Verschönerung“ der industriell hergestellten Stücke durch die „akademischen Künstler“. Somit lässt sich seine Kritik mit den Vorstellungen der Funktionalisten, Form und Funktion in Einklang zu bringen auch in Verbindung bringen. In dem Zusammenhang muss kurz auf den Deutschen Werkbund und seinen prominentesten Wortführer eingegangen werden. Hermann Muthesius sah in den historischen Stilformen der Gründerzeit und im Jugendstil eine Demonstration falscher Repräsentationsbedürfnisse des Bürgertums. In seinem 1902 verfassten Buch „Stilarchitektur und  Baukunst“ setzt er seine Kritik fort. Zudem fordert Muthesius mehr Materialgerechtigkeit: „Die Geschwungenheit aller Linien, nimmt auf kein Material Rücksicht, sie zwingt das Buchornament, den Messingleuchter und das  Möbel in gleicher Weise in ihren Bann. Gerade in der Möbelkunst fordern sie unverantwortliche Opfer an Konstruktion-und Materialrücksichten. Auch die Produktionsökonomie und Forderung nach gesellschaftlicher Breitenwirkung der Formgestaltung umfasst seinen Standort. Muthesius war sich dessen bewusst, dass die Maschinen im Zuge der industriellen Revolution und die neuen ästhetische Möglichkeiten den Handwerk in eine schwere Krise stürzen würden. Darüber hinaus auch der rapide Bevölkerungswachstum und sprunghaft gestiegene Massenbedarf hatte auch einen Qualitätsverlust gegenüber den bislang handwerklich gefertigten Produkten zur Folge. Kritiker beschwören einen „Verfall der Kultur und des Geschmacks“, zudem einem Verlust  der „Geistigkeit des künstlerischen Tuns“. Aus diesem Grund ist, die glatte auf das nützliche reduzierte Form ohne das „Überspinnen“ von Gebrauchsgegenständen als Resultat und Protest gegen Historismus und Kulturverfall zu sehen. Für Muthesius war somit die „Sachlichkeit“ das Ziel, das es zu verfolgen galt. Diese Position wurde für den 1907 gegründeten Deutschen Werkbund, der aus einer Interessengemeinschaft von Künstlern, Industriellen, Architekten und Handwerkern bestand bestimmend. 1914 kommt es auf der Werkbund-Ausstellung in Köln zur sog. Typisierungsdebatte, bei der Muthesius seine programmatischen Leitthesen verkündigt. Seine Thesen beginnen wie folgt: "Die Architektur und mit ihr das ganze Werkbundschaffensgebiet drängt nach Typisierung (...). Nur mit der Typisierung (...) kann wieder ein allgemein geltender, sicherer Geschmack Eingang finden. Nach dem Ersten Weltkrieg ist es von Walter Gropius 1919 gegründete Bauhaus, welches die Ideen des Werkbundes übernimmt und eine Kunstschule eröffnet, die auf eine Integration von Kunst, Handwerk und Industrie abzielte und zum Ort eines strengen Funktionalismus wird. Gropius hat seine Grundsätze folgend beschrieben: „Ein Ding ist bestimmt durch sein Wesen. Um es so zu gestalten, dass es richtig funktioniert, muss sein Wesen zuerst erforscht werden; denn es soll seinen Zweck vollendet dienen, d. h. seine Funktionen praktisch erfüllen, haltbar, billig und schön sein.“ Ähnliche Betrachtungsweisen sollten auch das Nachbarland beherrschen.

 

Literatur

Baroni D. : Ursprung des modernen Möbels - das Werk Rietvelds, Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart, 1979

Droste M. : Bauhaus 1913 -1933, Benedikt Taschen Verlag GmbH & Co. KG, 1990

Internet

http://www.museumderdinge.de/deutscher-werkbund/protagonisten/hermann-muthesius

http://www.kunstforum.de/intern/artikel.aspx?a=066002

http://www.kunstforum.de/intern/artikel.aspx?a=065002

 

 

De Stijl

De Stijl,
Bild aus der Zeitschrift: Kunstforum Band 209, 2011, Ausstellungen München, S. 362

1917, also noch vor Ende des Krieges, fand sich in damals neutralen Holland eine Gruppe avantgardistischer Maler, Bildhauer und Architekten zusammen,  die mit den Anspruch hatten einen neuen Stil zu kreieren und durchzusetzen. Der prominenteste Künstler dieser Gruppe war der Maler Piet  Mondrian, der sich in seiner Kunst allmählich vom Gegenständlichen gelöst und hin zur geometrischen Abstraktion entwickelt hatte. Chefideologe der Stijl-Gruppe war Theo van Doesburg der die Gruppe gegründet hat. Das Credo des Stijls bestand in einer Grundauffassung, die von einem Streben nach totaler Reduktion der farbigen und formalen Erscheinungsvielfalt auf abstrakte Grundelemente gekennzeichnet war. Diese Abstraktion bestand in der strikten Beschränkung der bildnerischen Mittel auf die gerade Linie und ein daraus abgeleitetes, rechtwinkliges modulares Gitter, auf die drei Grundfarben Gelb, Rot, Blau und auf die drei primären „Nichtfarben“ Weiß, Grau und Schwarz. Ziel des radikalen Reduktionismus,  war die Reinigung der Kunst von allen gegenständlichen Rückständen. Ganz ähnlich wie auch Kandinsky, ging es den Mitgliedern des Stils um die Etablierung eines autonomen Kunstseins, um die Erlangung eines Status, in dem die Kunst ihren eigenen „objektiven“ Gesetzen gehorcht. Hergeleitet wurden diese „objektiven“ Gesetze aus der Idee einer universellen Harmonie. In diesem Sinne sprach Mondrian, dass "das Prinzipielle der Reduktion auf die Grundfarben darin bestehe, dass die Farbe von Individuellen und von individuellen Emotionen befreit sei und nur die stille Empfindung des Universalen ausdrückte." Jedoch sollten die auf minimalen Formbestand und einen reduzierten Farbencode beruhenden Bilder des Stils nicht nur ein Ergebnis der universalen Harmonie sein, sondern Vorboten auf jeden Fall anzustrebenden irdischen Harmonie. Somit ist es kein Zufall, dass sich einige Mitglieder der Gruppe Stijl, sowohl den Möbelentwurf als auch der Architektur zuwenden, um diesem utopischen Ziel ein Stück näherzukommen. Dabei ist es sichtbar, dass die Architektur der 20er Jahre dem gleichen Regelsystem folgt, in dem bruchlos die „neoplastische Theorie“ Mondrians zur Anwendung gelangt.

 

Auch Gerrit Rietveld hat an  Bewegungen der Avantgarde teilgenommen, jedoch gehörte er nie zu Dogmenverkündern. Mehr zum Rietveld, weitere Stühle und Miniaturbilder befindet sich in der oberen Spalte "Miniaturstühle und Designer".